Donnerstag, 9. Februar 2017

Ein Rechenexperiment. Ein Appell.

Eine große Frage, die ich mir damals mit Bulimie immer gestellt habe, war, wieviel Zeit ich eigentlich "da rein" investiere. Diese Frage ist in meinen Augen sehr wichtig und ich denke, dass du dir darüber Gedanken machen solltest.
Selbst wenn du bisher nur 1, 2 oder 3 FAs pro Woche hattest, dann nimmt die Bulimie einen sehr großen Teil deiner Zeit ein, sie spielt also eine relativ große Rolle in deinem Leben. Wenn du dir jetzt vorstellst, die Zeit, die du mit der Bulimie "verbringst", einfach wegzustreichen, was würdest du mit dieser neu gewonnenen Zeit tun?

Mal ein kleines Rechenexperiment: Meine FAs haben immer ziemlich lange gedauert, sagen wir 4-5 Stunden. Damit war es aber nicht getan. Wenn ich mich danach noch erbrochen habe, kommt dadurch nochmal mindestens eine halbe Stunde dazu. Wenn ich dann noch den ganzen Müll entsorge, Besteck und Geschirr spülen und das Bad putzen muss, kommt locker nochmal eine halbe Stunde dazu. Weil der FA so schwächt, verlängert sich auch noch die Schlafdauer um 1-2 Stunden. Insgesamt sind wir dann bei 6-8 Stunden, die alleine für einen FA draufgehen. Diese Zeit ist Lebenszeit. Ich bekomme diese Zeit nie wieder zurück.

6-8 Stunden sind ein kompletter Arbeitstag. Wenn ich diesen FA 3 mal die Woche "passieren" lasse, dann habe ich 3 ganze Arbeitstage verschwendet. Insgesamt rund 20-25 Stunden für nichts.

Jetzt überlege mal bitte kurz, was du mit 25 Stunden Zeitgewinn alles anstellen könntest:

  • Du könntest 25 Stunden entspannen. 
  • Du könntest 25 Stunden in deine Zukunft investieren. 
  • Du könntest nebenher sogar ein weiteres Studium oder eine Fortbildung beginnen. 
  • Du könntest ein Buch schrieben. 
  • Du könntest ein neues Hobby finden. 
  • Du könntest mehr Zeit mit deinen Freundinnen verbringen. 
  • Du könntest auch mal überlegen, was du in deinem Leben wirklich machen willst, anstatt es den Bach runtergehen zu lassen. 

Überleg mal, was du mit 25 Stunden Lebenszeit anstellen kannst. Das sind übrigens 105 Stunden oder mehr als 4 Tage im Monat und 1300 Stunden oder mehr als 54 Tage im Jahr.

Eigentlich ist diese Rechnung auch nicht ganz richtig. Denn du denkst nicht nur während des FAs über den FA nach. Du denkst noch viel öfter über Essen nach. Diese Stunden und Tage sind in dieser Rechnung noch gar nicht mit drin.

Ja, überleg mal, was du mit der Zeit anstellen könntest. Du könntest nichts weniger tun, als dein Leben sinnvoll zu leben. Anstatt dich zu betäuben und dann alles auszukotzen.

  • Du könntest anderen Menschen helfen. 
  • Du könntest die Natur retten. 
  • Du könntest dich für alles einsetzen, was dir wichtig ist. 
  • Du könntest dir mal Gedanken darüber machen, was du tun würdest, wenn plötzlich alles vorbei wäre. Würdest du dann immer noch an deine Figur und ans Essen denken? Oder gäbe es dann plötzlich wichtigere Dinge. 
Denk einfach mal drüber nach.

8 Kommentare

  1. Hallo Du Liebe, schön, dass Du wieder weiter schreibst :-)! Ich habe Deinen Blog erst kürzlich entdeckt und komplett gelesen. Ich finde Deine Gedanken, Inspirationen und Sichtweisen ganz toll, mach bitte weiter so. Alles Liebe!

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  2. Ich freue mich sehr, hier wieder zu lesen.
    So oft habe ich schon über all die vertane Zeit nachgedacht und immer wieder komme ich zu dem Ergebnis, ich beschäfftige mich mit Essen rund um die Uhr, weil ich gerade die Zerit nicht sehen und nutzen will oder kann, denn sie macht mir Angst. Alleine der Gedanke, ich soll die Zeit anders nutzen, macht mir Angst. Wo bleibe denn ich da? Ich weiß, gerade diese Gedanken halten mich in der ES fest, aber ich weiß nicht, wie ich sie abstellen soll.

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  3. Hey du :)
    ein sehr bewegender Text, der wirklich zum Nachdenken bringt! Du kannst sehr gut reflektieren!
    Liebe Grüße <3

    https://wegausmeinermagersucht.blogspot.de/

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  4. Danke, dein Blog hilft mir gegen meinen bulimiekampf den ich seit April bestreite :) so viele Blickwinkel
    Schöne Grüße
    Kamikazeente
    https://nochsoeineblog.wordpress.com

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  5. Anonym11 Juni

    Liebe Johanna
    Danke für deinen Blog, er gibt mir wertvolle Tipps und Hoffnung, dass ich es ohne Therapie schaffe.

    Liebe Grüsse

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  6. Eine wirklich wertvolle Anregung, die man durchaus auch auf alle möglichen anderen Bereiche übertragen kann. (-; Wie viel Zeit wir mit unnützen Dingen verbringen anstatt das Leben zu genießen, das sollte man sich wohl öfter durch den Kopf gehen lassen... Liebe Grüße!

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  7. Anonym17 März

    Hey,
    das mit der Zeit ist natürlich richtig - leider ist es bei mir vermutlich so, dass ich das ganze als Ablenkung von meinem Alltag/meinen Problemen/der Überforderung nutze!
    Regelrechter Teufelskreis, da ich natürlich so noch weniger Zeit habe das anzugehen. ( Studium, Arbeit, Lernen)

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